Die Ziegelplatte (tegula) mit dem Stempel CLS(P) ist eine von insgesamt 35, die vom Badegebäude einer villa rustica in Großbottwar stammen. Dieser Fund zeigt, dass auf einer villa neben Landwirtschaft auch Handwerk betrieben wurde. Ähnlich wie beim Militär, ließ der Villenbesitzer, Gaius Longinus Speratus, seine Produkte zur Herkunftsbezeichnung und als Qualitätsgarantie mit der Abkürzung seines Namens stempeln. Die Fundplätze der gestempelten Ziegel - in der villa rustica Weinsberg und dem vicus von Walheim - zeigen den Umfang des Handelsgebiets des Produzenten. Im Museum liegen Bruchstücke römischer Ziegel, die zu einem Dachteil ergänzt werden können.
Gaius Longinus Speratus - CLSP - stiftet einen Tempel
Auf dem Gebiet der villa rustica von Großbottwar stand ein den Heilgöttern Apollo und Sirona geweihter Tempel mit einer prächtigen Weiheinschrift, die wohl über dem Eingang angebracht war. Der Stifter, Caius Longinius Speratus, war nicht nur der Villenbesitzer, sondern auch der Produzent und Händler der gestempelten Ziegel. Als Veteran verließ er nach 25 Dienstjahren die 22 Legion in Mainz und der Kaiser versorgte ihn mit Grundbesitz in Großbottwar, das er stolz mit - „in suo“ Eigentum – bezeichnete, auf dem er den Tempel errichtet hatte. Mit seiner Frau, Junia Deva, hatte er 4 Kinder, Pacatus, Martinula, Hilaritas und Speratianus. Er weihte die Inschrift nach einem vorher abgelegten Gelübde, das er nach empfangener Hilfe “froh und freudig nach Gebühr“ im Jahre 201 n. Chr. einlöste, als Mucianus und Fabianus das Amt des Konsuls in Rom innehatten. Offensichtlich legte er das Gelübde aus gesundheitlichen Gründen für sich oder seine Familie ab.
Apollo ist römischer Heilgott und Sirona keltische Heilgöttin. Diese keltisch-römische Auswahl der Gottheiten und die Zusammenstellung als Götterpaar zeigt nicht nur den keltischen Hintergrund von Gaius, sondern auch die konstante Verehrung vorrömischer Gottheiten. Obwohl er römisches Bürgerrecht besaß und 25 Jahre durch den Militärdienst romanisiert wurde, kombiniert er Gottheiten aus beiden Kulturen. Die römische Religion ist in diesem Punkt sehr tolerant und beharrt nicht auf der Verehrung rein römischer Gottheiten.
Das Handelsgebiet
Die Entfernung von Großbottwar nach Weinsberg und Walheim betragen in der Luftlinie 10 bzw. 17 km, das entspricht der Tagesleistung eines Fuhrwerks, auf dem Wasserweg über Murr und Neckar ist die Strecke dagegen 25 bzw. 60 km lang. Für den Gütertransport war der Wasserweg immer die günstigere Variante, vor allem bei schweren Baumaterialien. Mit der Auflassung des Kastells in Walheim um 150 n. Chr. dürfte auch die militärische Versorgung mit Ziegeln der 22. Legion von Mainz und der 8. Legion von Straßburg beendet worden sein. CLSP dürfte folglich die zivile Siedlung mit Ziegeln versorgt haben.
Wirtschaftlicher Wandel
In der mittleren Kaiserzeit gewann die handwerkliche Produktion auf den Gutshöfen neben der Landwirtschaft an Bedeutung. Diente die handwerkliche Produktion vorher der Selbstversorgung, wird sie jetzt zum Nebengewerbe, das vorher in den Dörfern und Städten konzentriert war. In der Spätantike hat sich der wirtschaftliche Schwerpunkt von Handel, Handwerk und Gewerbe vollends auf die großen Güter verlagert. Dadurch verloren die stadt- und dorfartigen Siedlungen an wirtschaftlicher Bedeutung. Spezialisierung im Handwerk, Qualität und Quantität sanken. Dieser wirtschaftliche Umbruch im 3. Jahrhundert zeigt sich durch Siedlungsverkleinerung und Verfall der Monumentalarchitektur.
Dass gerade in Walheim, trotz eigener Töpfereien, Ziegel von einem Gutshof bezogen wurden, belegt diese Verlagerung von der Stadt aufs Land. Singulär ist diese nicht - denn auch Publius Attius Rufinus, der am Rande des Vicus von Heidelberg-Neuenheim Ziegel produzierte, sowie die Ziegel mit den Stempeln LPL aus Stettfeld, deren Verbreitungsgebiet zwischen Bruchsal und Stettfeld liegt – belegen diesen Wandel.
(nach dem Bericht von Hans-Peter Kuhnen, Die Privatziegelei des Gaius Longinius Speratus in Großbottwar, Kreis Ludwigsburg, FBBW Bd. 19/1, 1994)
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